Einleitung
Am 1. Oktober 2024 fand der erste Online-Expertenaustausch im Rahmen des Modellvorhabens der Raumordnung (MORO) „Synergien von Raumordnung und Wasserwirtschaft im Einzugsgebiet der Oder“ statt. Der Workshop war Teil des ersten von zwei Losen, aus denen das MORO besteht. Dieses beschäftigt sich mit der Analyse und den Handlungsoptionen der Schnittstellen zwischen Raumordnung und Wasserwirtschaft, im Rahmen einer fachlichen Begleitforschung. Das Los 2 wiederum setzt den Fokus auf die Auswahl und die Umsetzung dreier Modellvorhaben, die sich praxisbezogen diesen Themen widmen.
Das Ziel des Austauschs bestand darin, aktuelle Handlungserfordernisse an der Schnittstelle von Wasserwirtschaft und Raumordnung zu den Themen „Wasserressourcenmanagement & Landschaftswasserhaushalt“ und „Hochwasserrisikomanagement & Bundesraumordnungsplan Hochwasserschutz“ zu diskutieren. Dabei wurden insbesondere die unterschiedlichen Ansätze der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und dem Freistaat Sachsen in den Blick genommen, um Potenziale und Herausforderungen einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Raumordnung und Wasserwirtschaft herauszuarbeiten. Insgesamt beteiligten sich 30 Expertinnen und Experten von regionaler, Landes- und Bundesebene am Workshop.
Wasserressourcenmanagement und Landschaftswasserhaushalt
Der erste Themenblock behandelte die Schnittstellen zwischen Raumordnung und Wasserwirtschaft in Bezug auf die nachhaltige Nutzung und den Schutz von Wasserressourcen. In allen drei Ländern gibt es Strategien und Konzepte der Wasserwirtschaft, die sich mit dem Landschaftswasserhaushalt und dem Management von Wasserressourcen auseinandersetzen. Die Zusammenarbeit mit der Raumordnung zu diesen Fragen wird in den drei Ländern unterschiedlich intensiv umgesetzt. In der Diskussion wird kritisch hinterfragt, welchen Beitrag die Raumordnung zur Unterstützung der Wasserwirtschaft in diesen Fragen leisten kann. Gerade im Hinblick auf den Landschaftswasserhaushalt spielt die konkrete Nutzung der Flächen eine große Rolle, darauf hat die Raumordnung direkt keinen Einfluss. In der Frage der Flächenverfügbarkeit für Gewässerrevitalisierungen, Revitalisierung von Mooren etc. kann die Raumordnung flankierend wirken, wenn die Datengrundlagen der Wasserwirtschaft für eine begründete Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten ausreichen. Hier können die Instrumente der Raumordnung gezielt genutzt werden, um Handlungsmöglichkeiten für die Umsetzung wasserwirtschaftlicher Konzepte zu schaffen. Wichtig und bisher noch lückenhaft ist das Wissen auf beiden Seiten, was mit den jeweiligen Instrumenten möglich ist und wo es sinnvolle Ergänzungen gibt. Ein neues Thema wird in Zukunft die Sicherstellung der Wasserressourcen für verschiedene Nutzungen sein, deren Umfang und Standort über die Raumordnung gelenkt wird (Wasser als Standortfaktor).
Hochwasserrisikomanagement und Bundesraumordnungsplan Hochwasserschutz (BRPH)
Im zweiten Themenblock diskutierten die Teilnehmenden die Rolle der Raumordnung bei der Vorsorge vor Hochwasserrisiken und die Anforderungen, die sich aus dem BRPH ergeben. Der risikobasierte Ansatz des BRPH bezieht sich nicht nur auf die Häufigkeit von Hochwasserereignissen, sondern auch auf deren Intensität (Wassertiefe, Fließgeschwindigkeit) und die Empfindlichkeit (Vulnerabilität) sowie Schutzwürdigkeit (z. B. kritische Infrastruktur) der Flächennutzungen in den betroffener Gebieten.
In der Diskussion wurde deutlich, dass in den Bundesländern sehr unterschiedliche Vorgehensweisen zur Anwendung kommen: Im Freistaat Sachsen wird der risikobasierte Ansatz genutzt, um sehr differenzierte, raumordnerische Festlegungen zum vorbeugenden Hochwasserschutz zu treffen. Sachsen ist das einzige Bundesland, das Hochwasserentstehungsgebiete mit dem Ziel des Erhalts und der Verbesserung des Wasserrückhalts festgelegt hat, was insbesondere in Gebieten mit starker Reliefenergie bedeutsam ist. In Brandenburg wird der Beitrag der Raumordnung vor allem darin gesehen, dass Flächen für Polder und Hochwasserschutzanlagen planerisch gesichert werden und die Regelungen für Risikogebiete außerhalb der festgesetzten Überschwemmungsgebiete raumordnerisch unterstützt werden. Der risikobasierte Ansatz ist bisher nicht umgesetzt und wird kritisch hinterfragt. In Mecklenburg-Vorpommern ist diesbezüglich vor allem der Küstenschutz relevant, ein Vorteil einer Ausweisung von Vorranggebieten im Sinne des BRPH wird darin gesehen, dass auch hinter Schutzanlagen hochwasserangepasst gebaut werden muss. Die Frage, welche Rolle Datengrundlagen zu den Starkregengefahren spielen, bleibt offen.
Fazit
Der Expertenaustausch verdeutlichte, dass dem Zusammenspiel von Raumordnung und Wasserwirtschaft eine wichtige Rolle zukommt, um aktuellen und künftigen Herausforderungen im Wasserressourcen- und Hochwasserrisikomanagement zu begegnen. Dabei ist der zielgerichtete Austausch von Daten und Fachwissen eine entscheidende Voraussetzung, um Synergien zwischen Raumordnung und Wasserwirtschaft stärker zu nutzen. Die Diskussion zeigte zudem, dass die Länder große Unterschiede aufweisen, etwa im Selbstverständnis und in der Herangehensweise der Raumordnung an wasserwirtschaftliche Fragen. Es wurde deutlich, dass sowohl formelle als auch informelle Planungsansätze notwendig sind, um eine effektive Prävention und Anpassung an den Klimawandel zu gewährleisten.
Ausblick
Für den zweiten Expertenaustausch werden zusätzlich Akteurinnen und Akteure der Wasserwirtschaft und Raumordnung aus dem polnischen Teil des Einzugsgebiets der Oder eingeladen. Ziel wird es sein, Zusammenhänge und Unterschiede in den Abläufen zwischen Wasserwirtschaft und Raumordnung in Deutschland und Polen herauszustellen, Kontakte zu knüpfen und zu vertiefen sowie Lösungsansätze für bestehende Problematiken zu diskutieren.