„Drei Länder – eine Zukunft – Zusammenarbeit im deutsch-polnisch-tschechischen Verflechtungsraum“
Einführung
Im November 2021 wurde eine zusammenfassende Analyse von relevanten Konzepten und Studien zur Entwicklung des Dreiländerraumes Sachen – Polen – Tschechien in einem Umfang von knapp 30 Seiten durch ein Team von Spezialisten des Instituts für Territoriale Entwicklung aus Breslau unter Leitung des Institutsdirektors Dr. Maciej Zathey erstellt. Unter Beteiligung der Euroregion Neisse e. V., der Landratsämter Görlitz und Zgorzelec wurden im Dezember 2021 im Zusammenarbeit mit dem Institut Anpassungen vorgenommen. Im Ergebnis der zusammenfassenden Analyse wurden die folgenden 7 relevante Themen für eine rechtsverbindliche Struktur der Zusammenarbeit abgleitet:
- Koordinierung der territorialen Dimension der Entwicklungs- und Raumordnungspolitiken.
- Arbeitsmarktpolitik und innovative Wirtschaft, die insbesondere im Zusammenhang mit dem Strukturwandel auf endogene Potentiale setzen.
- Naturerbe, einschließlich Schutz der biologischen Vielfalt und des Klimas.
- Kulturerbe, einschließlich Herausbildung einer regionalen Identität sowie Wahrung und Förderung kultureller Werte und Traditionen.
- Lebenslanges Lernen, einschließlich Herausbildung und Stärkung interkultureller Kompetenzen.
- Verkehrsverbindungen, insbesondere Entwicklung eines emissionsarmen öffentlichen Schienen- und multimodalen Verkehrs.
- Ausbau der Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Verwaltung und Nichtregierungsorganisationen sowie Förderung von Prozessen der gesellschaftlichen Teilhabe.
Die seitens des Autorenteams empfohlenen Schwerpunktbereiche der Zusammenarbeit im Dreiländerraum im Rahmen einer noch zu bestimmenden rechtsverbindlichen grenzüberschreitenden Organisationsform bilden keinen abschließenden Katalog
der Bereiche und Themen, die im Rahmen einer möglichen Zusammenarbeit aufgegriffen werden können. Sie stellen hingegen in den meisten Strategien und Entwicklungskonzepten, die für das westliche Niederschlesien, die Region Liberecký Kraj sowie Ostsachsen aufgestellt wurden, ein gemeinsames Ziel dar. Bei der Formulierung der sieben Schwerpunktbereiche wurden die Fördermöglichkeiten im Rahmen der Kohäsionspolitik der EU sowie die Kompetenzen eines möglicherweise in Betracht zu ziehenden Europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit berücksichtigt.
Bei der Analyse fanden u. a. folgende Studien und strategische Dokumente Beachtung:
Entwicklungsstrategie Lausitz 2050, Zweite Gesamtfortschreibung des Regionalplans Oberlausitz-Niederschlesien, Strategie des Kraj Liberec 2021-2027, Strategie der Wojewodschaft Niederschlesien 2030, Strategische Handlungsempfehlungen der Euroregion Neisse-Nisa-Nysa, Grenzraumstudie für den Sächsisch-Niederschlesischen Grenzraum, Sächsisch-Tschechische Grenzraumstudie 2013.
Die Beauftragung der zusammenfassenden Analyse von Studien erfolgte im Rahmen des Modellprojektes der Raumordnung „Drei Länder eine Zukunft – Zusammenarbeit im Verflechtungsraum PL-D-CZ. In diesem Rahmen wurde durch das Institut für Territorialentwicklung ebenfalls eine Karte in elektronischer Form erstellt, welche den offenen Verflechtungsraum ONE (Oder-Neisse-Elbe) mit Kennzeichnung des Drei-Länder-Raums und eines erweiterten Kooperationsraumes darstellt. Dabei wurden die Hauptentwicklungs- und Verkehrsachsen, Grenzen von territorialen Verwaltungseinheiten (Landkreise, Kraje, Wojewodschaften) und wichtigen funktionellen Zentren (Städte) verdeutlicht.
Hintergrund
Das Projekt „„Drei Länder eine Zukunft – Zusammenarbeit im Verflechtungsraum PL-D-CZ.“ ist ein Modellvorhaben der Raumordnung im Bereich der integrierten Planung im deutsch-polnischen Verflechtungsraum und wird vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen über das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) bis Dezember 2023 gefördert.
Um die Potenziale und Entwicklungsmöglichkeiten einer Grenzregion effektiv zu nutzen, ist eine enge und koordinierte Zusammenarbeit mit den Nachbarländern notwendig.
Seit Jahren arbeitet der Landkreis Görlitz sehr eng mit dem Landkreis Zgorzelec und mit dem Kraj Liberec zusammen. Die Zusammenarbeit erfolgte dabei überwiegend bilateral (nur mit einem der beiden Nachbarländer). Das Ziel der Initiative ist nicht nur gleichzeitig mit beiden Verwaltungen zu arbeiten, sondern auch die Städte und weitere Institutionen (u.a. Sächsisches Staatsministerium für Regionale Entwicklung, Landkreis Bautzen, Marschallamt Niederschlesien, Regionaler Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien, Euroregion Neisse-Nisa-Nysa) in den Prozess einzubeziehen.
Ein für dieses Modellvorhaben wegweisendes Treffen fand im März 2020 mit politischen Vertretern aller drei Länder auf Initiative des Landkreis Görlitz statt. Dieses Treffen zeigte, wie notwendig und erwünscht eine trilaterale Zusammenarbeit ist.
Als Ergebnis dieser Beratung wurde eine trilaterale Arbeitsgruppe initiiert. Im September 2020 fand das erste Treffen der Arbeitsgruppe statt. Während der Beratung haben sich die ersten Themen der zukünftigen Zusammenarbeit herauskristallisiert (u.a. gemeinsame Raumplanung, wirtschaftliche Entwicklung, Tourismus, Nachbarsprachen, Verkehr, Katastrophenschutz).
Im Rahmen des Modellvorhabens sollen mögliche, rechtsverbindliche Formen der Zusammenarbeit geprüft und untersucht werden. Nur mit einer stabilen Kommunikations- und Kooperationsstruktur kann eine lösungsorientierte, konstante und nachhaltige Zusammenarbeit erfolgen. Innerhalb des Modellvorhabens soll eine mögliche Gründung einer grenzüberschreitenden europäischen Rechtspersönlichkeit im Drei-Länder-Raum analysiert und gegebenenfalls vorbereitet und die Zusammenarbeit in einem erweiterten Verflechtungsraum ONE (Oder-Neisse-Elbe) strukturiert werden.
Die vorhandenen planerischen und strategischen Dokumente in allen drei Ländern wurden im Rahmen einer zusammenfassenden Analyse als Arbeitsgrundlage analysiert und zusammengefasst. Auf dieser Grundlage können gemeinsame Entwicklungsziele und Themen der Zusammenarbeit abgeleitet und Verflechtungen untersucht werden.
Die trilaterale Arbeitsgruppe wird sich während des Projektes einmal im Quartal treffen. Außerdem wird die AG intensiv in die Prozesse der Formalisierung der Zusammenarbeit eingebunden. Bei Bedarf könnten ebenfalls weitere feste oder temporäre Gruppen für Bearbeitung der konkreten Themen gegründet werden. Zudem soll einmal im Jahr eine trilaterale Zusammenkunft der politischen Vertreter (Landräte, Hejtmanns, Oberbürgermeister) organisiert werden, um die bisherigen Ergebnisse öffentlichkeitswirksam vorzustellen.
Im Ergebnis des Modellvorhabens soll eine feste, rechtsverbindliche Struktur der Zusammenarbeit entstehen, die beispielgebend für andere Regionen sein kann.
Die entstandenen Strukturen sowie die Ergebnisse der Dokumentenanalyse sind eine ideale Grundlage für eine zukünftige trilaterale interregionale Entwicklung mit der Etablierung einer gemeinsamen Raumplanung für den Drei-Länder-Raum.